German Angst – nix für mich

Veröffentlicht: 13.05.2023 von Georg Hensch


Rolle rückwärts

Bei jeder Kernsanierung gibt es den einen Punkt, wo ein erster kleiner Lichtblick in der destruktiven Welt des abreißen, abstemmen, raushebeln, rausschüppen u.s.w. ergibt. Es ist der Moment, wo man das erste Mal den Hänger nicht mit Schutt belädt, sondern zum Baustoffhändler fährt, um neues Material zu holen. Nunmehr war das der Punkt, wo ich Kellersteine, besonders aber Drainagerohre brauchte – und Kies. Sehr viel Kies. Um die Drainage, den tiefsten Punkt meiner Kernsanierungsreise einbauen zu können. Und auch, wenn meine Nachbarn mich mitleidig anschauten, ob des riesigen Berges an Kies vor der Tür. Für mich war es ein Lichtblick, ein Signal des Umkehrpunktes. Von hier an geht es aufwärts.

Mausefalle

Das zumindest galt für den ersten Teil des Gebäudes. Dort, wo noch vor kurzem in einem Riesengraben gleichsam vier Balkone – die massiv gegossenen Lichtschächte ragten, die es zu entsorgen galt. Es war zum schreien: Die ganze Bude ist in einem 70er-Jahre Style gebaut, aber die Lichtschächte haben soviel Eisen und kleinkiesigen Beton, als ob die das Haus halten müssen! Also mit Leiter und Abbruchhammer auf den „Balkon“ und diesen so lange abgestemmt, bis an den Seiten Risse zu sehen sind und das Ende der statischen Sicherheit signalisieren. Den Rest konnte man dann von unten abstemmen. Und wieder zwei Tonnen auf die Kippe. Aber – geschafft. Und hier müssen jetzt Steine her, um die Minifenster zuzumauern, durch die ohnehin kein Licht kam. Und dann konnte ich mich weiter Richtung Erdmittelpunkt orientieren.

The German Angst

Schaut man sich Informationen zum Thema Drainage im Internet an, dann begegnet einem die „German Angst“ an jeder Stelle. Die Frage nach der Notwendigkeit einer Drainage soll da erst einmal erläutert werden, indem man eine genau 40 mal 40 mal 40 Zentimeter tiefe Grube in das Gelände gräbt, dann eine definierte Menge Wasser in dieses Loch kippt und dann misst, wie lange das Wasser zum Versickern braucht. Um daraus die Versickerungsfähigkeit abzuleiten. Und dann der Graben: Nicht auf ganzer Länge, weil ein Grundbruch drohen kann. Ja klar – wenn ein Gebäude auf weichen Lehm gebaut wurde. Aber das waren nicht 99% aller Gebäude. Und braucht man eigentlich eine Drainage? Wenn man doch kein drückendes Wasser hat. Das kann man doch mit einer entsprechenden Dickbeschichtung mit Drainplatten und vollflächig verklebter Dämmung regeln.

Is mir fast ejal..

…möchte man rufen. Graben gebuddelt, dabei geprüft, ob es sich um – wie sagte mal ein alter Statiker, „juten Boden“ handelt. Is et! Dann den Graben und den angrenzenden Berg mit Folie abdecken, damit nix einstürzt. Und nach ein paar Regenschauern, wenn die gesamte Fläche der Folie in den Graben entwässert hat erst Mal gucken, ab es unterhalb des Sockels versickert und dann die Gummistiefel an, einmal durch den Graben und die Dicke des Matschrandes begutachten. Wenig Rand – juter Boden!

Und trotzdem kommt eine Drainage rein! Weil es ein paar Tage Arbeit, relativ geringe Kosten, aber eine hohe Sicherheit ist, nie mehr auf eine schimmelige Kellerwand zu gucken. Und weil ich an Stellen, an die ich jemals weder rankomme, noch ran will, dem Wasser eine Chance geben möchte. Die Regel ist ganz einfach. Gib dem Wasser einen leichten Weg und es nimmt ihn. Bevor es die Wand erreicht!

Referenzbasis zählt

Und außerdem muss man sich die Basis anschauen. Schließlich hat man 50 Jahre Referenzwerte. Da war also eine unisolierte und mit Zementputz verputzte Kellerwand. Damals galt Zement als wasserdicht. Darauf wurde dann die übliche schwarze Schmotze gepinselt. Ziel war schwarz – nicht dicht, wie ich damals in der Ferienarbeit am Bau noch genau weiß. Auf 1,80 Höhe wurde der Putz neu angesetzt, weil man sich das Gerüst gespart und erst mal aufgefüllt hat. Da war also eine undichte Fuge, wie man in Ausblühungen im Inneren sehen kann. Aber auch nur da. Weiter war an der Hausecke, an der innen auch deutlich Schimmel war, die Putzecke beim Anbau der Garage auf 30 cm abgebrochen und nicht nachgeflickt worden. Genau da aber läuft das Regenfallrohr der Dachentwässerung vorbei, in der die Dichtringe fehlen. (Einfache Montage) Und – es gab eine Regentonne, die regelmäßig überlief und so das Wasser exakt zu der beschädigten Stelle im Putz beförderte. Mit anderen Worten: Das Wasser hatte keine Chance, da vorbei zu laufen.

Dazu gab es zwar eine Drainage, die aber – wie damals üblich, mit dem gelben Wellrohr in Berg-und Talbahnmanier um das Haus geführt wurde, kein klares Gefälle hatte und zu allem Überfluss auch noch in den Dreck gelegt wurde. In der Folge sammelten sich die kleinen Sedimente sauber um die Drainage und dichteten sie so sauber ein.

Geht man von dieser Basis aus, heißt die Aufgabe ungeachtet jeglicher Wissenschaft: Bau eine Drainage mit Gefälle, in einer Kiespackung und mit Filtervlies ein, repariere die Wand und dichte die Wand mit einer Dickschicht und einem Gewebe bei den Putzübergängen ab und Du bist sicher. Also fangen wir bei der Drainage, als tiefstem Punkt an.

 



Kategorien:




Teilen